Baumwolle – Herstellung, Eigenschaften und Qualitätskriterien

Baumwolle ist die Naturfaser, die am häufigsten für die Herstellung von Textilien verwendet wird, dank ihrer einzigartigen Struktur und Eigenschaften.

Der Naturstoff Baumwolle wird bereits seit mehreren Tausend Jahren zur Herstellung von Textilien kultiviert und genutzt. Der Rohstoff besteht aus den Samenfasern der reifen Baumwollfrüchte. Für die Produktion werden die Baumwollfasern geerntet, gereinigt und entkernt. Die Baumwollfasern werden nach Längen sortiert, die langen Fasern werden für die Textilherstellung benutzt. Die so hergestellt Rohware wird in Ballen gepresst und an die Spinnereien geliefert. In den Spinnereien entstehen aus den Baumwollballen Garne in unterschiedlichen Qualitäten. Aus den Garnen werden unterschiedliche Stoffe produziert, je nach Anwendungsgebiet, z.B. Bekleidung, Bettwäsche etc.

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Beschreibung

Bei Baumwolle handelt es sich um einen Naturstoff, der aus Pflanzenfasern besteht. Es wird aus den Samenhaaren der Pflanze gewonnen. Die Baumwollpflanze gehört zur Familie der Malvengewächse, es gibt ca. 21 bis 50 verschiedene Arten. Die Pflanzen wachsen hauptsächlich in den Tropen und Subtropen. Man unterscheidet bei Baumwolle zwischen langen und kurzen Fasern. Die Faserhaare bestehen zu 95% aus Cellulose. Die langen Fasern werden für Garne zu Textilherstellung genutzt, die kurzen Fasern werden zur Herstellung von Papier, Vliesen für Hygieneartikel o.ä. verwendet. Seit ca. 6000 v. Chr. wird bereits Kleidung aus Baumwolle gefertigt.

 

Geschichte der Baumwolle

Als Kulturpflanze wurde Baumwolle von verschiedenen Völkern zeitgleich gezüchtet. Das Verwenden von Baumwolle zur Herstellung von Kleidung geschah unabhängig voneinander auf unterschiedlichen Kontinenten, sowohl im südlichen Afrika, Indien und Indonesien, als auch in Zentralamerika und im südwestlichen Nordamerika. Die ältesten Belege (vor ca. 3000 Jahren) für die Verwendung von Baumwollbekleidung stammen aus Indien. Schon der griechische Historiker Herodot (5. Jh. v. Chr.) schreibt darüber in seinen Historien: „Es gibt wildwachsende Bäume, aus deren Frucht man eine Wolle gewinnen kann, die die Schönheit und Qualität der Schafwolle weit übertrifft. Die Inder machen aus dieser Baumwolle ihre Kleider“.

Auch im Babylonischen Reich, im Alten Ägypten und im hellenistischen Osten verbreitete sich Bekleidung aus Baumwolle. Ungefähr zur gleichen Zeit (3. Jhtsd. v. Chr.) wurde auch schon in den südamerikanischen Anden Baumwolle angebaut und verarbeitet. Ebenso wie bei den präkolumbischen Völkern im Südwesten Nord- und Mittelamerikas. Baumwolle war von jeher auch ein Handels- und Tauschgut. Bei den Römern galt Baumwollstoff als ein Luxusgut.

Seit dem 12. Jahrhundert war Baumwolle auch in Europa bekannt und Venedig war der Hauptumschlagplatz für den Baumwollhandel. In Deutschland wurde Baumwolle ab Ende des 14. Jahrhunderts durch die Familie Fugger in Augsburg gehandelt und verarbeitet. Durch den sehr aufwendigen Arbeitseinsatz, der bei der Herstellung von Baumwollstoffen nötig war, wurde der Stoff bis zur industriellen Revolution ähnlich wie Seide gehandelt.

Der erste Aufschwung der Baumwolltuche in Europa kam durch den Handel der englischen Ostindienkompanie. Aber erst am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts gelang der große Durchbruch im Zuge der industriellen Revolution mit der Erfindung der ersten Spinnmaschine (Spinning Jenny) in England und der Erfindung der Egreniermaschine (Cottin Gin) in den Südstaaten Nordamerikas. Damit wurde der Rohstoff Baumwolle zu einer Massenware. Die Baumwolle wurde von Hand geerntet, durch die ungleichmäßige Reifung der Kapseln musste mehrmals geerntet werden. Für die Ernte gingen die Baumwollpflücker durch die Plantagen und zupften die Faserbüschel aus den aufgesprungenen, reifen Kapseln.

Die nächsten Arbeitsschritte waren das Trocknen, Entkernen (Egrenieren), Entfernen von Fremdkörpern, wie Kapselreste und Blätter und das Verpacken der Baumwolle. Diese Arbeitsschritte wurden alle von Hand erledigt. Die Baumwolle wurde zu Ballen gepresst und konnte so an die Spinnereien geliefert werden. So entwickelte sich der Handel mit Baumwolltuchen zum Handel mit der Rohware, die überall weiterverarbeitet wurde.

 

Von der Rohware zum Garn zum Stoff

Heutzutage wird die Baumwolle mit Erntemaschinen gepflückt. Vor der Ernte werden die Sträucher entlaubt, um die Verunreinigung der Baumwolle möglichst gering zu halten. Die gesammelte Baumwolle wird in einer Entkörnungsanlage (Egreniermaschine) von den Samen und Kapselresten gereinigt. Anschließend werden die Fasern zu Ballen gepresst und verschifft.

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In den Spinnereien werden die Ballen wieder zerpflückt und in einem weiteren Arbeitsgang nochmals gereinigt und für die Karde (Kardieren) vorbereitet. Die Fasern werden nach ihrer Länge, dem so genannten Stapel geordnet. Fasern mit einer Stapellänge über 10mm werden zu Spinngarn und die Fasern mit einer Stapellänge unter 10mm werden als Rohstoff zur Zellulosegewinnung genutzt.

In der Karde werden die Fasern der Baumwolle sortiert, d.h. die Fasern werden parallel angeordnet. Dazu werden die Fasern bis zur Einzelfaser aufgelöst und es entsteht ein feines durchscheinendes Faservlies. Aus diesem Vlies werden die Kardierbänder hergestellt, diese Kardierbänder werden gemischt und gedoppelt zusammengelegt. Um eine höhere Qualität zu erhalten werden die Kardierbänder nochmals gekämmt.

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Damit eine Gleichmäßigkeit entsteht, werden die Bänder zweimal gedehnt und gestreckt, so werden die Fasern nochmals parallel ausgerichtet. Durch erneutes Strecken, Ziehen und Verdrehen entsteht das Vorgarn, das auf Spulen gewickelt wird. Länge und Feinheit der Fasern bestimmen die Feinheit der Garne. Das Vorgarn wird durch neuerliches Strecken auf die gewünschte Feinheit zum Feingarn. Auf einer Ringspinnmaschine wird das Feingarn dann zum Ringgarn. Als Ringgarne werden nur die Garne aus gekämmter Baumwolle bezeichnet.

Für die Weiterverarbeitung werden aus den Garnen Zwirne hergestellt. Der Grad der Verzwirnung wird angegeben in der Anzahl der miteinander verdrehten Garne. Die Garne können in unterschiedlichen Arbeitsschritten weiter veredelt oder gefärbt werden. Danach kann man die Zwirne zu Stoffen verweben. Die Gewebe bestehen aus sich rechtwinklig kreuzenden Fäden zweier Fadensystem, der Kette und dem Schuss. Der Faden in der Längsrichtung des Gewebes wird als Kette und der Faden in der Querrichtung wird als Schuss bezeichnet, da man in früheren Zeiten an den Webstühlen das Schiffchen mit dem Garn in das Fach zwischen die Kettfäden geworfen bzw. „geschossen“ hat.

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Eigenschaften der Baumwolle bzw. Baumwollstoffe

Die Samen der Baumwollpflanzen bilden als Verlängerung der Epidermis Haare aus, die langen Fasern, die Lint genannt werden und kürzere, die als Linter bezeichnet werden. Unter dem Mikroskop sehen die Hohlfasern aus wie ein flaches, nierenförmiges, in sich verdrehtes Band. Die langen Fasern werden zur Herstellung von Textilien verwendet, während sich die kurzen nur zur Celluloseproduktion eignen. Für Baumwolle kann man folgende Eigenschaften aufzählen:

  • hautfreundlich
  • luftdurchlässig
  • kochfest
  • geringes Allergiepotential
  • Wiederstandfähig gegen Hitze und Laugen
  • UV-beständig
  • hohe Dehnfähigkeit
  • kann bis zu 63% des eigenen Gewichts an Wasser aufnehmen
  • leicht entflammbar
  • lässt sich gut färben

Das Baumwollgarn lässt sich durch weitere Arbeitsschritte veredeln und behält dabei seine Eigenschaften.

 

Unterschiede

Baumwollgarne lassen sich durch Merzerisation noch veredeln. Dieses Verfahren wurde von John Mercer in der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt. Dazu lässt man die Garne unter Zug in einer Natronlauge quellen, dabei wird der ursprüngliche nierenförmige Querschnitt fast rund und die Verdrehung geglättet. Dadurch erhalten die Stoffe einen waschbeständigen Seidenglanz und einige ihrer Eigenschaften werden dadurch verbessert, so lässt sich merzerisierte Baumwolle besser färben, es hat eine höhere Festigkeit und eine bessere Elastizität. Da dieses Verfahren sehr kostspielig ist, wird es nur für qualitativ hochwertige Textilien angewendet.
Baumwollstoffe können auch durch verschiedene Arten des Webens veredelt werden.

 

Qualitätskriterien

Für die Bewertung der Qualität der Baumwollrohware sind folgende Kriterien ausschlaggebend:

  • Die Länge der Fasern, der sog. Stapel: Sehr hochwertige Sorten haben Stapellängen von mehr als 39 Millimeter.
  • Die Reinheit: Handgepflückte Baumwolle hat einen höheren Reinheitsgrad als mechanisch gepflückte.
  • Die Farbe, die zwischen cremig-weiß bis schmutzig-grau liegen kann, je nach Sorte, Anbaugebiet, Herstellungs- und Aufbereitungsprozess.
  • Der Reifegrad: Auch hier hat handgepflückte Ware eine höhere Qualität, da nur reife Kapseln abgeerntet werde, die unreifen und überreifen Kapseln werden nicht genommen, außerdem weist die Rohbaumwolle eine geringere Verschmutzung auf, als maschinell gepflückte.
  • Die Feinheit
  • Die Reißfestigkeit

Die Klassierung dient einerseits der Preisfindung und andererseits der Kategorisierung der Fasern zu den unterschiedlichen Verarbeitungszwecken.

 

Anwendung

Der größte Anwendungsbereich für Baumwolle liegt in der Textilindustrie. In zahlreichen weiteren Produkten wird Baumwolle verwendet, z.B. als Verbandsmaterial in der Medizin, in der Kosmetik und Hygiene, z.B. als Watte. Bei einigen Papiersorten, Kaffeefiltern und auch bei Banknoten ist Baumwolle ein Hauptbestandteil. Als Cellulosenitrat oder auch Schießbaumwolle findet Baumwolle auch Verwendung in der Munitions- und Sprengstoffherstellung.
Das Öl, das aus den Baumwollsamen gewonnen wird, kann raffiniert als Speiseöl oder Brennstoff genutzt werden.

 

Zusammenhänge

Baumwollstoffe können auch durch verschiedene Arten des Webens veredelt werden. So entsteht Satin durch die Atlasbindung. Dadurch erhält das Gewebe eine stark glänzende, glatte Oberseite und eine matte Unterseite. Baumwollsatin wird auch Mako-Satin genannt. Eigentlich bezeichnet Mako eine qualitativ sehr hochwertige ägyptische Baumwolle. Der Satinstoff wird vor allem zu Heimtextilien, z.B. Bettwäsche und Tischdecken verarbeitet.
Perkal ist ein feinfädiges Gewebe mit Leinwandbindung. Durch die besonders feinfädige und dichte Verarbeitung eignet sich Perkal für zartfarbige Druckdesigns und wird daher bevorzugt für Bettwäsche, Oberbetten und für Oberbekleidung, z.B. Hemden und Blusen genutzt.

 

Quellenverzeichnis

http://www.materialarchiv.ch/#/detail/561/baumwolle

http://de.wikipedia.org/wiki/Baumwolle

http://www.baumwolle.at/anbau/baumwollanbau.html

http://www.zedler-lexikon.de/index.html?c=blaettern&seitenzahl=403&bandnummer=03&view=100&l=de