Seide – eines der teuersten Stoffe der Welt

seidengarn

Seide ist ein natürlicher Rohstoff, der aus dem Kokon eines Schmetterlings gewonnen wird. Produziert wird der Kokon von der Raupe, dem Seidenspinner. Je nach Herstellungsart der Seide unterscheidet man unterschiedliche Arten: Maulbeer-oder Haspelseide und die Wildseide.

Seide ist und war einer der teuersten Stoffe. Früher wurde Seide mit Gold aufgewogen und auch heute noch werden Seidenstoffe nach Gewicht bezahlt. Die Seidenherstellung wurdevor ca. 5000 Jahren in China entdeckt. Für China war Seide eines der wichtigsten Handelsgüter. In der Mitte des 6. Jahrhunderts n.Chr. gelangte das Geheimnis der Seidenherstellung auch nach Europa.

Geschichte

Über die Erfindung bzw. die Idee aus den Kokons der Seidenraupen Stoff herzustellen, existieren verschiedene Legenden. Genannt werden verschiedene chinesische Kaiser aus dem 3. Jahrtausend v.Chr. zum einen Kaiser Fu Xi, Kaiser Shennong oder auch Kaiser Huáng Dì bzw. seine Frau Xiling Shi, die die Seidenraupenzucht und Seidenherstellung begründet haben.

Wie genau die Gewinnung der Seide ihren Anfang nahm, lässt sich heute nicht mehr herausfinden. Die ältesten archäologischen Seidenfunde in China sind 4500 Jahre alt. Aber auch im Indus-Tal fand man Wildseide, die auf 2450 bzw. 2200 Jahre v.Chr. datiert werden konnte. Nur in China entwickelte man die Methode, den endlosen Faden vom Kokon abzuhaspeln und vom Seidenleim zu befreien.

Seide war ein äußerst beliebter und teurer Stoff, daher entstand im 1. Jahrhundert vor Christus eine Handelsstraße über die die Seide von China bis nach Europa transportiert wurde: die Seidenstraße.

Das Straßennetz der Seidenstraße mit einer Länge über 10.000km, umfasste Karawanenstraßen über Land und auch über verschiedene Wasserwege. Auch heute noch werden Güter entlang der alten Seidenstraße gehandelt. Mit der Herstellung bzw. der Gewinnung der Seide ist die Zucht und Domestizierung des Maulbeerseidenspinners(Bombyx mori) verknüpft. Die Raupen dieser Schmetterlingsart ernähren sich ausschließlich von Maulbeerblättern.

Durch die lange Züchtung besitzen die Schmetterlinge keine Mundwerkzeuge mehr und sie sind flugunfähig. Neben der Maulbeerseide wird Seide auch von wildlebenden Seidenspinnern gewonnen, z.B. vom japanischen Eichenspinner, die so gewonnene Seide nennt man Tussahseide. Seidenstoffe waren ein Luxusgut, in China durften nur der Kaiser und sein Gefolge Seidengewänder tragen. Auch in Europa waren Gewebe aus Seide begehrte Luxusgüter.

Im 6. Jahrhundert gelangten Samen des Maulbeerbaums und Eier des Maulbeerseidenspinners nach Byzanz, von dort verbreitete sich die Seidenherstellung über Griechenland und Spanien über den gesamten Mittelmeerraum. Dadurch wurde das chinesische Seidenmonopol gebrochen. Die Qualität der chinesischen Seide war jedoch lange Zeit unerreicht. Bis ins 16. Jahrhundert war Italien eine der führenden Produktionsstätten für Seidengewebe. Im Zuge der Seidenfärberei entwickelte dann in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein Engländer den ersten synthetischen Anilin-Farbstoff. 1860 wurde durch die Lyoner Seidenfärber der violette Anilin-Farbstoff „Mauvein“ zur Modefarbe. Es entstanden dadurch verschiedene Farbfabriken, wie z.B. die Badische Anilin und Sodafabrik (BASF) oder die Aktiengesellschaft für Anilinfarben Fabrikation (AGFA) und so trug die Seidenfärberei zur Entwicklung der Chemieindustrie in Europa bei.

Von der Raupe zum Garn

Am Anfang der Seidenproduktion (egal ob Wildseide oder Zuchtseide) steht das Ei eines Seidenspinnerschmeterlings. Aus dem Ei schlüpft eine kleine Raupe. Der Lebenszyklus der Schmetterlinge ist mit dem Sprießen der Blätter des Maulbeerbaums zeitgleich, so dass die kleinen Raupen direkt anfangen können zu fressen.

In der heutigen Seidenzucht werden die Raupeneier kontrolliert ausgebrütet und die Raupen mit frisch gepflückten Blättern gefüttert. Die gezüchteten Seidenspinnerraupen fressen bevorzugt die Blätter des Weißen Maulbeerbaums, aber auch Blätter von anderen Bäumen. Die Qualität der Seide wird jedoch hochwertiger, wenn sich die Raupen nur von dem Weißen Maulbeerbaum ernähren. Die Raupe lebt ca. 6 Wochen. Nach 4 Wochen ist die Seidenraupe ausgewachsen, bis dahin hat sie sich viermal gehäutet und ist achttausendmal größer und zehntausendmal schwerer geworden.

Nach 6 Wochen hört die Raupe auf, zu fressen und fängt an sich zu verpuppen. Dazu stellt sie den Seidenfaden her, dieser wird produziert in vier Drüsen im Mund der Raupe, zwei am Oberkiefer, die je einen Fibroinstrang herstellen und zwei am Unterkiefer, die den Seidenleim oder Seidenbast (Sericin) produzieren, mit dem die zwei Fibroinstränge zu einem Seidenfaden verbunden werden. Das Serecin legt sich dabei wie eine Hülle um die beiden Stränge. Mit diesem Endlosfaden spinnt die Raupe ihren Kokon, dazu dreht sie sich und bewegt den Kopf in Form einer Acht. Ist der Kokon fertig gesponnen, kann der Seidenfaden zwischen 1000 und 4000m lang sein.

Das Serecin härtet an der Luft aus, dadurch erhält der Kokon seine Stabilität. Im Innern des Kokons beginnt die Raupe sich zu verpuppen. Nach ca. zwei Wochen schlüpft aus dem Kokon der fertige Schmetterling. Damit sich der Schmetterling aus dem Kokon befreien kann, sondert er Speichel ab, im Speichel ist ein Enzym enthalten, das den Seidenfaden aufweicht, so dass das fertige Insekt die Hülle zerbeißen kann. Beim Schlüpfen wird dadurch der Endlosfaden zerstört und übrig bleiben, kürzere Fadenstücke. Bei der Herstellung der Maulbeerseide werden die Kokons vor dem Schlüpfen eingesammelt und die Puppen werden im kochenden Wasserbad oder mit heißer Luft getötet, nur so erhält man einen durchgehenden Faden.

Um einen spinnbaren Seidenfaden zu erhalten benötigt man fünf bis zehn Kokonfäden, die abgewickelt werden. Dieser Vorgang wird abhaspeln genannt, die Seidenfäden werden auf einer sich drehenden Haspel aufgewickelt. Das mittlere Drittel eines Kokons liefert die beste Rohseide. Dieser Seidenfaden besitzt immer noch die feste Serecinhülle. Beim Entbasten entfernt man den Seidenleim mittels einer heißen Seifenlösung. Aus den nicht abhaspelbaren restlichen Fäden des Kokons entsteht Schappeseide, die Fadenlänge beträgt ca. 10-15cm. Die Abfälle, die bei der Schappeseide anfallen, werden zur Bouretteseide verarbeitet.

Für 250g Seidenfaden benötigt man ca. 1kg Kokons (ca. 3000 Stück).

Bei der Herstellung der Wildseide, werden die Kokons der geschlüpften Schmetterlinge eingesammelt. Durch das Schlüpfen der Schmetterlinge haben die Kokons ein Loch und der Endlosfaden ist zerstört. Daher entsteht beim Abhaspeln der Fäden (von ca. 5-10 Kokons) ein Seidenfaden mit unregelmäßiger Dicke. Für die Wildseide werden die Schmetterlinge nicht gezüchtet, die Kokons stammen von wildlebenden Schmetterlingen.

Nachdem der Rohseidenfaden entbastet wurde, ist das Seidengarn reinweiß und kann mit unterschiedlichen Farben eingefärbt werden. Für die Weiterverarbeitung wird die Seide auf verschiedene Arten gewebt. Typische Seidengewebe sind:

  • Chiffon
  • Satin oder Atlas
  • Taft
  • Organza
  • Crêpe Satin
  • Crêpe de Chine
  • Brokat

Eigenschaften der Seide

Der natürliche Stoff Seide ist auch heute noch als Gewebe ein sehr begehrter, beliebter und exklusiver Stoff. Seide hat einen weichen, warmen und glatten Griff. Sie ist sehr leicht, hautfreundlich und temperaturregulierend, d.h. sie wärmt bei Kälte und kühlt bei Wärme. Außerdem ist Seide äußerst dehnbar, sie lässt sich um ca. 15% dehnen. Und sie hat den Vorteil, dass sie schmutzabweisend und unempfindlich gegenüber Gerüchen ist. Vor allem jedoch zeichnet sich Seide durch ihren Glanz aus. Im nassen Zustand ist Seide jedoch sehr empfindlich, daher sollte man nasse Seidengewebe nicht auswringen und auch nur mit spezieller Seidenpflege reinigen. Bei Sonneneinstrahlung verblassen Seidengewebe und fangen an zu vergilben. Die auch heute noch teuerste Seide ist die zu hundert Prozent entbastete Seide, die Glanzseide oder Cuite-Seide.

Qualitätskriterien und Unterschiede

Die Qualität der Seide hängt von ihrer Herstellung (Zucht- oder Wildseide) und auch von ihrem Gewicht ab. Die wertvollste Seide ist die Maulbeerseide, ihr Faden besitzt eine glatte und makellose Struktur. Ihr Gewicht wird in der japanischen Einheit Momme gemessen, eine Momme entspricht 4,306 g/m². Der Faden der Wildseide ist nicht reinweiß, er kann unterschiedliche natürliche Färbungen haben, von goldgelb bis ocker oder beige. Da bei der Wildseide verschieden lange Seidenfäden miteinander verwoben werden müssen, um einen durchgehenden Faden zu erhalten, ist ihre Struktur unregelmäßig und knotig. Genau wie Maulbeerseide ist Wildseide sehr lichtempfindlich und auch sie sollte im nassen Zustand nicht ausgewrungen werden. Die Qualität der Wildseide hängt davon ab, in welchem Klima die Raupen auswuchsen und was sie gefressen haben. Je nachdem von welcher Schmetterlingsart die Seide stammt, hat sie auch unterschiedliche Bezeichnungen; Tussahseide stammt vom japanischen Eichenspinner, Fagaraseide stammt vom Atlasspinner, der in ganz Asien beheimatet ist.

Zusammenfassung

Seide findet sich in Bekleidung, Heimtextilien, als Füllung für Decken und auch in Pulverform in Kosmetikprodukten, wie Lippenstiften oder Cremes. Einen gleichwertigen Ersatz für Seide hat man bis heute noch nicht gefunden. Denn auch heute noch ist Seide ein sehr begehrter und luxuriöser Stoff, mit besonderen Eigenschaften: hautfreundlich, temperaturregulierende, glänzend, weich und leicht.